Über die Grenze nach Myanmar

Von Kanchanaburi aus war es nur noch eine Tagesetappe bis zur Grenze. Gespannt, was uns dort erwarten würde, machten wir uns auf den Weg. Würden wir irgendwie zu spüren bekommen, dass Myanmar weiterhin unter Militäreinfluß regiert wird? (Würden wir uns im Süden des Landes mit dem Fahrrad frei bewegen dürfen, einer Region, die bis vor kurzem noch für Touristen Sperrgebiet war? Wie würde die Übernachtungssituation aussehen? Offiziell dürfen Ausländer nur in wenigen registrierten, meist überteuerten Hotels und Gästehäusern absteigen. Gibt es keine solche Unterkunft, wurden noch bis vor kurzem Reisende kostenpflichtig in die nächste Stadt mit einer solchen Adresse transportiert.)

121. Tag: Khanchanaburi – Ban Pho Nam Rong, 77 km, 4:53 h

Über eine schöne, von Bergen gesäumte Strecke ging es der Grenze entgegen. Die Straßen waren bestens asphaltiert, bzw. teils weiter im Ausbau befindlich. Hier soll bald mehr Verkehr rollen, das war der derzeit noch kaum genutzten Straße anzusehen:

Schließlich erreichten wir den letzten Ort auf Thai-Seite, Pho Nam Rong. Kurz sah es so aus, als ob wir wieder in einer uns zu edlen Bungalow-Anlage einchecken müßten. Doch dann trafen wir auf einen radfahrbegeisterten Thai, der uns anbot, in seiner Lagerhalle zu nächtigen. Dankend nahmen wir an:

122. Tag: Ban Pho Nam Rong – Dawei, Fahrradstrecke: 56 km, 4:08 h

Am nächsten morgen ging es früh los: Wir rollten die letzten Meter aus Thailand hinaus, hinein ins Niemandsland. Nach wenigen Kilometern endete plötzlich die säuberlich geteerte Thai-Straße an einer Felswand. Daneben führte ein Schotterweg weiter bergauf, zur myanmarischen Seite der Grenze:

Dort wurden wir – zu unserer Überraschung – von einem smarten, perfekt englisch sprechenden jungen Grenzer empfangen, nicht mal uniformiert, der unsere Visa kontrollierte und unsere Gesichter einscannte (die Kameralinse und der Scanner waren zu unserer Freude „Made in Jena“). Lachend half er uns, die ersten Vokabeln zu lernen. „Mingulabar“ – hallo, usw.

Schon dachten wir, dass der Grenzübertritt problemlos verlaufen würde. Dann entdeckte der Mann am Schlagbaum – dieser dann doch in Uniform – unsere Räder und es hieß: Die ersten 140 Kilometer bis Dawei könnten wir nicht fahren, die Region sei noch zu gefährlich („too many weapons“ – aha). Stattdessen müssten wir uns Tickets für einen der offiziellen Touristentransporter besorgen. Wir redeten auf ihn ein, dass wir weder Tickets kaufen, noch uns über die Grenze transportieren lassen wollten.

Und siehe da, schon am Schlagbaum lernten wir, dass Überzeugungsarbeit in diesem Land fruchten kann: Er hielt einen privaten Pickup für uns an, der uns umsonst 90 Kilometer mitnahm, bis Myitta. Dort sei die Gefahrenregion zu Ende, und wir könnten die restliche Strecke bis Dawei radeln.

Die ersten Blicke auf Myanmar warfen wir also von der Pritsche eines Pickups aus: Eine staubige Pistenstraße war zu sehen, die sich durch steile, teils dicht bewaldet, öfter aber abgeholzte Hügel zog:

Dann erreichten wir endlich Myitta. Besonders mein Magen war froh, als die schaukelnde Fahrt zu Ende war und es mit den Rädern weitergehen konnte:

Nicht lange, und die Piste wurde von einer Asphaltstraße abgelöst, ganz neu und an vielen Stellen auch erst einspurig fertiggestellt:

Als wir die 6000 Kilometermarke knackten, stießen wir darauf mit einem frisch gepressten Zuckerrohrsaft an:

Wie hatten wir dieses Getränk seit Kambodscha vermisst. Hier fanden sich wieder in jedem Dorf Stände mit Zuckerrohrpressen. Sehr verheißungsvoll.

Weiter ging es auf und ab. Kamen wir durch ein Dorf, konnten wir die ersten „Mingulabar“-Rufe vernehmen. Die freundlich grüßenden Menschen und winkenden Kinder weckten sofort Erinnerungen an unsere Radeltage in Kambodscha und Laos.

Am späten nachmittag erreichten wir unser Tagesziel Dawei, Hauptstadt Tanintharyis, der südlichsten Region Myanmars. Es ist ein nettes kleines Städtchen mit schönen Häusern aus der Kolonialzeit:

Nach etwas Suchen fanden wir eine preiswerte Unterkunft und verkosteten das erste myanmarische Essen. U.a. fanden wir Samosas und weitere indische Köstlichkeiten im Angebot – eine weitere freudige Überraschung am heutigen Tag.